Marathonlegende Karl Platt lässt sich nicht in eine Schublade stecken. Bei der Energie, die der 44-Jährige ehemalige Mountainbike-Profi aufbringt, ist das unmöglich.
Obwohl er 2020 seine Rennkarriere an den Nagel hängen wollte, steht er als Markenbotschafter beim Team BULLS weiterhin bei den härtesten Marathon-Rennen der Welt an der Startlinie oder jagt anspruchsvolle Uphill-Trails mit dem E-Bike im Boost-Modus hoch. Das alles natürlich mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
Du bist in diesem Jahr wieder beim Cape Epic am Start gewesen, dieses Mal in der Masters-Kategorie.
Bist du denn immer noch in Topform, seit du nicht mehr als Profi unterwegs bist? Hat sich etwas an deinem Training und deiner Vorbereitung geändert?
Ja schon. Vom Training her ist es vielleicht 20 Prozent weniger geworden. Früher habe ich etwas mehr darauf Acht gegeben, dass ich strukturiert trainiere. Ich war aber nie der große Detail-Planer, ich habe einen roten Faden und plane immer so sechs Wochen voraus. Wenn zum Beispiel in sechs Wochen Cape Epic ansteht, dann weiß ich was ich ein, zwei, drei oder vier Wochen davor machen muss und mache einen Masterplan.
Wichtig ist das Gefühl beim Training. Wir sind ja auch keine Maschinen und müssen auch dementsprechend reagieren. Das eine Training läuft das eine Mal super und das andere Mal nicht. Es ist wichtig, auf sein Körpergefühl zu hören. Das ist für mich mein Hab und Gut und wird die Wissenschaft immer schlagen.
Für die Weltmeisterschaften oder das Cape Epic bereite ich mich schon richtig vor. Da kannst du nicht hingehen, wenn du jeden Tag eine Stunde Rad gefahren bist und denkst das wird schon. Wenn du nicht trainierst, hast du keine Chance.
Das heißt deine Trainingspläne für deine Rennen erstellst du dann auch selbst?
Meine Trainingspläne habe ich, außer zu Beginn meiner Karriere, immer selbst gemacht. Ich war auf einem Sportinternat – dort hatte ich einen Trainer, der mir die Grundlagen gezeigt hat. Irgendwann habe ich dann angefangen alles selbst zu machen.
Natürlich bin ich auch schon auf die Nase gefallen und habe mich mal richtig „schwarz gefahren“. Aber vielleicht musst du das auch mal machen, damit der Körper das fürs nächste Mal lernt.
Für das Team BULLS bist du jetzt als Markenbotschafter unterwegs. Wie hat sich dein Fokus beim Radfahren verändert?
Jetzt als Markenbotschafter für das Team BULLS habe ich da eine ganz andere Perspektive, ich kann das ganze viel mehr genießen. Zum Beispiel gehe ich als nächstes nach Ruanda. Über das dortige Rennen will ich eine coole Geschichte erzählen.
Ich will es den Leuten, die überlegen an einem Event mitzumachen, so schmackhaft machen, dass sie nächstes Jahr vielleicht auch dorthin gehen. Heutzutage ist das Materielle zum Standard geworden. Das Erlebnis dagegen ist die wirklich nachhaltige und exklusive Erfahrung. Das ist auch das, was ich in der Zukunft machen will: Die Menschen zu tollen Erlebnissen inspirieren.
E-Bikes finden in der Profi-Welt nicht immer Anklang. Als Gründer und Teamfahrer seit Tag eins beim Team BULLS zählt zu deinem Fuhrpark auch das ein oder andere E-Bike. Wie siehst du das Ganze?
Mit dem E-Bike erschließen sich super viele neue Möglichkeiten. Auf einmal können Leute, die nicht so fit sind und nicht in der Woche fünfzehn Stunden Trainieren, Touren wie eine Transalp machen.
Vor drei Jahren habe ich in Südafrika ein Camp gemacht. Da war eine Frau dabei, die war knapp über 50 und ist ihrem Mann immer hinterher gehechelt. Irgendwann hatte er ihr dann ein E-Bike gekauft und auf einmal konnte sie ganz leicht mithalten und es viel mehr genießen.
Sie hat permanent gelacht, hatte permanent ein breites Grinsen im Gesicht. Sie hat gemeint, das ist für mich so ein Privileg, mit euch mit dem E-Bike mitfahren zu können. Sie sagt sie strengt sich dann auch an, hat einen hohen Puls und ist danach kaputt. Aber sie kann einfach dabei sein. Das war für mich ein brutaler Augenöffner.
Welche Erfahrungen hast du selbst mit E-Bikes gemacht?
Die letzten eineinhalb habe ich zahlreiche E-Bikes im Bayerischen Wald getestet. Der Bike Park Geisskopf hat einen Uphill-Flowtrail für E-Bikes zum Hochfahren. Das heißt, du hämmerst da nicht nur irgendwie auf dem Schotter hoch, sondern hast einen richtig geilen Flowtrail. Du fährst dich dann komplett in Rage, kommst oben an und lachst, weil du einfach mit so vielen Schmackes durchhämmerst.
Alles auf maximaler Unterstützungsstufe, also nicht im Sparmodus. Wenn du ein E-Bike hast, dann musst du maximal Vollgas fahren, das ist ja das geile.
Danach fährst du den Downhill runter. Das macht mit den Rädern mit 150 mm oder 160 mm Federweg tierisch Spaß. Und dann fährst du halt nochmal hoch und nochmal, du kannst alle Trails bestimmt drei Mal so oft fahren.
Kannst du dir ein E-Bike als Teil von deinem Training vorstellen?
Wer weiß, vielleicht in zehn Jahren, wenn ich keine Lust mehr habe alles selbst zu treten, aber trotzdem noch die gleiche Distanz fahren will. Wenn ich dann merke, dass ich einfach nicht mehr den Dampf von früher habe, aber immer noch schnell unterwegs sein will, vielleicht fahre ich dann nur noch E-Bike.
Was ist für dich der ideale Ort zum E-Bike fahren?
Das kannst du jetzt überall machen. Für mich ist die schönste Region natürlich der Pfälzer Wald. Gerade wenn du hinten raus fährst, triffst du keine Leute, keine Wanderer. Wir haben unzählige Trails im Mountainbikepark im Pfälzerwald. Die Trails waren ursprünglich alles Wanderwege mit bewirtschafteten Hütten, die so platziert sind, dass Leute innerhalb von eineinhalb oder zwei Stunden von Hütte zu Hütte gehen können. Die sind immer noch alle bewirtschaftet: Pfälzer Schlachtplatte, Saumagen und Leberwurst, dazu eine schöne Schorle trinken – das gibt Energie. Die Region ist wunderschön, da gibt es auch viele Sehenswürdigkeiten, wenn man an die Grenze zu Frankreich fährt. Viele wissen es nicht, aber an dem Westwall im Bienwald, da sind noch viele Bunker und Museen, die man besichtigen kann.
Gibt es für dich als jemand, der in der Pfalz und in Rheinhessen verwurzelt ist, außer Trails noch etwas was du empfehlen kannst? Vielleicht einen guten Wein?
Hier gibt es herausragende Weine. In der Pfalz und Rheinhessen empfiehlt sich bei Weißweinen natürlich ein Riesling. Riesling finde ich super genial.
Wein ist insgesamt ein spannendes Thema, wir haben ja alle verschiedene Geschmäcker. Auch die Winzer verstehen den Wein unterschiedlich. Ich finde es interessant, wie die Winzer ihre Ideen zum Wein umsetzen und sie dir erzählen was sie sich dabei gedacht haben.
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