Vorab: Was ist der Tweed Run Stuttgart?
Der Tweed Run Stuttgart ist entgegen der Erwartung, die durch den Namen ausgelöst werden, kein Rennen oder Wettbewerb, sondern ganz im Gegenteil eine gemütliche Radtour durch Stuttgart mit kulinarischen und kulturellen Highlights.
Ein kalter Vormittag im Mai (der 5. Mai genau genommen) – im Innenhof des Weltcafés trudeln nach und nach seltsam gewandte Gestalten auf mehr oder weniger historischen Fahrrädern ein.
Seltsam? Nun, das liegt im Auge des Betrachters. Die Herren tragen salopp ausgedrückt „Bollerhosen“ aus Tweed in Kombination mit teilweise bunten Jackets, Wollstrümpfen und richtig guten Lederschuhen.
Die Damen lassen sich mit kreativen Hutkreationen, Nahtstrumpfhosen und „Stöckelschuhen“ auch nicht lumpen. Ganz nebenbei, Tweed ist ein toller Wollstoff, der wärmt, atmet und sehr robust ist. Ähnliches gilt für Loden, für mich der Vorläufer von Wetterschutzkleidung, der sich viel besser trägt als „Plastikjacken“.
Tweed Run Wiederholungstäter
Ich habe es nicht nachgezählt, aber zum fünften oder sechsten Mal bin ich sicher als Repräsentant des Hauptsponsors Paul Lange & Co. beim Tweed Run dabei. Das mache ich sehr gerne – dem Credo der Stuttgart Charity Society e.V folgend:
Looking Good While Doing Good!
Stuttgart Charity Society e.V.
Gutes mit Schönem zu verbinden oder frei Shakespeare: „Noch nie bereut‘ ich, daß ich Gutes tat“.
Dieses Mal wollte ich auch in einem anständigen Zwirn beim Tweed Run auftreten. Motto, alles kann, nichts muss – das gilt übrigens auch für die Fahrräder.
Schon am Vorabend plünderte ich meinen Schrank und fand mit einer ollen Cordhose, einer blau-grün-karierten Weste, dem neuen weißen Hemd und einer historischen Paisley-Krawatte eine ansprechende Kombination.
Und ach, die Lederstiefel passten sogar auch dazu. Sah gar nicht so schlecht aus, aber natürlich kein Vergleich zu den Profis mit Stulpen, Schiebermütze und Lederhandschuhen mit gehäkeltem Handrücken.
Austern, Sekt & Bier
Gut mithalten dagegen konnte ich beim Austernessen – I love it! Die gab es nach einer halbstündigen Tour durch den Schlossgarten beim ersten Halt im richtig coolen Wizemann-Areal.
Wer’s nicht mag, konnte die glitschig-schleimigen Tiere mit einem Schluck Kessler-Sekt oder Craft-Bier runterspülen. Übrigens dem ersten, das mir geschmeckt hat.
Von da aus rollte der 130 Radler starke Tross über Zuffenhausen und das schöne Obere Feuerbachtal (mein täglicher Radweg) zur wohlverdienten Mittagsrast zum Palmschen Garten, dem vielleicht einzig wirklich schönen und schön gelegenen Gebäude in Mühlhausen. Nicht umsonst geben sich hier 180 Paare jährlich das Ja-Wort. Ob die einzigartige Blutbuche ihr riesiges Laubdach über die Paare hält – wer weiß?
Jedenfalls ein gute Gelegenheit, sich mit den vielen netten und interessanten Teilnehmern zu unterhalten, von denen die meisten Wiederholungstäter sind. „We are family“ – man kennt und schätzt sich, trifft alte Bekannte und setzt das Gespräch da fort, wo es vor einem Jahr geendet hat.
Stresstest mit dem Rad in Stuttgart
Endspurt, Gründungsmitglied und jetzt auch Fahrradguide Gerhard Wollnitz setzte sich an die Spitze, führte die Gruppe am Neckar entlang und bog vor dem Gasthof Keefer Tal über den Neckar zum Max-Eyth-See.
„Kann man so machen“, dachte ich mir. Ich wäre einfach weiter geradeaus gefahren. Über die in den „Sommermonaten“ sonntags gesperrte Hofener Straße ging es zur Firma, wo das obligatorische Gruppenbild geschossen wurde. Wäre schön, wenn wir nächstes Jahr dort einen kleinen Einkehrschwung machen könnten.
Über die weitere Route, zum Beispiel die lebensgefährliche Kreuzung Badstraße / Rosensteinbrücke und die idiotische Auffahrt auf die König-Karls-Brücke würde ich gerne den Mantel des Schweigens ausbreiten. Nein, kann ich nicht. Nur so viel, wer das konzipiert hat, ist dort nie Rad gefahren.
Finale furioso im Jazz Club Bix an der Leonhardskirche. Selber schuld, wer keines der 200 Lose gekauft hat. So wie ich, der sich jedes Mal die Lippen leckte, wenn schon wieder eine Flasche Gin überreicht wurde. Shit, irgendwie hatte ich das nicht auf dem Schirm.
Eine junge Frau schon, die gewann „unsere Preise“, eine schöne lederne Fahrradtasche von New Looxs, einen SP Connect Handyhalter fürs Rad und, als sei das noch nicht genug, auch noch den Hauptpreis, ein echt schönes altes Rennrad mit Shimano 600er Schaltung. „The winner takes it all!“ Schluchz, das nächste Mal kaufe ich auch Lose, versprochen.
Wegen „familiärer Verpflichtungen“ musste ich mir das abschließende Konzert sparen, aber schon der Soundcheck war absolut vielversprechend. Richtig gute Mucke – wie immer im Bix. Richtig guter Tweed Run – wie immer!
Nachklapp: Am Tweed Run Stuttgart kann jeder gegen eine Teilnahmegebühr teilnehmen. Info im nächsten Jahr wieder auf Facebook. Tweed und altes Fahrrad sehen schön aus, sind aber kein Muss. Deshalb habe ich mich für ein Bullit Lastenrad mit elektrischer Unterstützung eines namhaften japanischen Komponentenherstellers entschieden. Ohne die vielen sonstigen „kulinarischen“ Sponsoren wäre das Gesamtprogramm nicht möglich. Danke an Euch alle für die tolle Unterstützung – war richtig lecker!
Über Tweed Run Stuttgart
Der Tweed Run wird vom gemeinnützigen Verein, Stuttgart Charity Society e.V., organisiert. Der Verein wurde 2012 gegründet und hat sich zum Ziel gesetzt, Gutes mit Schönem zu verbinden.
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